29.03.2024 12:02 - Über uns - Mediadaten - Impressum & Kontakt - succidia AG
Synthesestrategien von Peptoiden

Synthesestrategien von Peptoiden

Biochemie in der Mikrowelle

Die Entwicklung neuer Pharmazeutika beruht auf dem zunehmenden Verständnis intrazellulärer Vorgänge. Insbesondere durch die Erforschung von Ligand-Rezeptor-Wechselwirkungen können Wirkstoffe ­besser angepasst werden. Um Medikamente an ihren Wirkungsort ­ zu bringen, werden sog. „Carrier“-Moleküle eingesetzt, die die Zellmembran überwinden können.

Diese enthalten vor allem basische Aminosäuren, welche die Überwindung der Zellmembran ermöglichen. Mit diesen Grundlagen wurde versucht, auch Peptide mit kationischen Aminosäuren herzustellen, die ebensolche Eigenschaften haben. Sie werden „Cell Penetrating Peptides“ (CPPs) genannt und wurden bereits vielfältig unter­sucht [1]. Peptide haben aber für ihre Anwendung als Pharmazeutika auch Nachteile: Sie werden rasch enzymatisch abgebaut, sind schlecht oral verfügbar und zudem wenig stabil in verschiedenen pH-Werten oder Temperaturbereichen. Um dies zu umgehen, werden Moleküle gebraucht, die die positiven Eigenschaften von Peptiden mit einer verbesserten Bioverfügbarkeit vereinen. Unter diesen so genannten Pepti­domimetica gehören Peptoide zu den prominentesten Vertretern. Sie unterscheiden sich von Peptiden darin, dass die Seiten­kette formal vom α-Kohlenstoffatom auf das Stickstoffatom verschoben ist (Abb. 1). Peptoide mit basischen Seitenketten können wie CPPs die Zellmembran überwinden, um so bspw. Wirkstoffe in Zellen zu transportieren. Die Zellgängigkeit wird durch die Markierung mit Fluoreszenzfarbstoffen überprüft, indem die Peptoide in der Zelle über Mikroskopie detektiert werden. Es hat sich gezeigt, dass diese Peptoide neben Farbstoffen auch Metallkomplexe, Nucleinsäuren und Wirkstoffe in Zellen transportieren können.



Abb. 1 Struktur von Peptiden (links) und Peptoiden (rechts).

Synthesestrategien

Ein weiterer Reiz von Peptoiden liegt in der einfachen Synthese, die mit Mikrowellen optimiert werden kann. Wie Peptide werden auch Peptoide meist mittels Festphasensynthese dargestellt, wobei zwei Strategien etabliert sind: Die erste (Monomermethode) kann analog zur klassischen Peptidsynthese durchgeführt werden (Abb. 2).



Abb. 2 Allgemeine Synthese von Peptoiden mit der Monomer-Methode. Fmoc: Fluorenylmethyl­oxycarbonyl; HOBt: Hydroxybenzotriazol; DIC: Diisopropylcarbodiimid; DMF: Dimethylformamid.

In sich wiederholenden Schritten werden zuvor synthetisierte N-substituierte Glycin-Monomere [2] mithilfe von gängigen Kupplungsreagenzien (HOBt und DIC) an die feste Phase gekuppelt. Wichtig hierbei ist, dass auch bei der Peptoidsynthese eine semipermanente Schützung des N-Terminus mit bspw. einer Fmoc-Schutzgruppe notwendig ist. Die zweite, neuere Synthesestrategie (Submonomer-Methode) nutzt zwei sich wiederholende Schritte aus, die eine größere Substratpalette erlauben (Abb. 3).



Abb. 3 Synthese von Peptoiden mit der Submonomer-Methode.



Abb. 4 Synthese von zellgängigen Peptoiden mittels mikrowellenunterstützter Synthese.
MW: Mikrowelle; TFA: Trifluoressigsäure.

Zunächst wird Bromessigsäure in einer DIC-vermittelten Kupplung immobilisiert. Anschließend kann in einer Substitution das Bromid durch ein nahezu beliebiges primäres Amin ausgetauscht werden. Dies zeigt bereits den Vorteil dieser Strategie: Primäre Amine sind häufig kommerziell erhältlich, wodurch sich eine enorme strukturelle Vielfalt ergibt [3]. Zudem entfällt eine Schützung des N-Terminus. Klassisch werden alle Reaktionen bei Raumtemperatur durchgeführt, in vielen Fällen hat sich aber auch die mikrowellenunterstützte Synthese bewährt, welche die benötigten Reaktionszeiten deutlich herabsetzt, was u. a. Blackwell und Kodadek ­zeigen konnten [4, 5]. Für die Darstellung von Peptoiden, die als zellgängige Verbindungen untersucht werden können, hat sich die mikrowellenunterstützte Monomer­synthese bewährt, bei der die einzelnen Kupplungsschritte bei 60 °C in lediglich 30 min durchgeführt werden. Auch die abschließende Markierung mit einem geeigneten Fluoreszenzfarbstoff erfolgt bequem in der Mikrowelle (Abb. 3). Sofern eine größere Varianz an Seitenketten gewünscht ist, bietet sich hingegen eine Synthese über die Submonomer-Methode an. Auch hier ist es möglich, die Synthese mikrowellenunterstützt zu führen und so eine deutliche Verbesserung der Reaktionszeiten zu erreichen. Die Acylierung mit Bromessigsäure kann dabei in nur 90 s bei 35 °C durch­geführt werden und die Substitution in 15 min bei 60 °C (vgl. Schema 2). Je nach Sequenz können beide Methoden genutzt werden, um die wichtige Verbindungs­klasse der Peptoide darzustellen. In der ­Tabelle sind noch einmal beide Synthesemöglichkeiten einander gegenübergestellt. Durch die Flexibilität der Routen, aber auch durch die Vereinfachung der mikrowellengestützten Synthese erschließt sich so eine nahezu universelle Strategie für eine Vielzahl verschiedenster Vertreter dieser immer wichtiger werdenden Substanzklasse [6, 7]. Neue Anwendungen zeigen, dass neue Materialien auf Peptoidbasis zugänglich sind [ 8].

Literatur
[1] E. L. Snyder, S. F. Dowdy (2004), Pharm. Res. 21, 389 –393
[2] J. A. W. Kruijtzer, L. J. F. Hofmeyer, W. Heerma, C. Versluis, R. M. J. Liskamp (1998), Chem. Eur. J. 4, 1570??1580
[3] R. N. Zuckermann, J. M. Kerr, S. B. H. Kent, W. H. Moos (1992), J. Am. Chem. Soc. 114, 10646-10647
[4] B. C. Gorske, S. A. Jewell, E. J. Guerard, H. E. Blackwell 2005, Org. Lett. 7, 1521?1524
[5] H. J. Olivos, P. G. Alluri, M. M. Reddy, D. Salony, T. Kodadek 2002, Org. Lett. 4, 4057-4059
[6] T. Schröder, N. Niemeier, S. Afonin, A. S. Ulrich, H. F. Krug, S. Bräse (2008), J. Med. Chem. 51, 376–379
[7] B. Rudat, E. Birtalan, S. B. L. Vollrath, D. Fritz, D. K. Kölmel, M. Nieger, U. Schepers, K. Müllen, H.-J. Eisler, U. Lemmer, S. Bräse (2011), Eur. J. Med. Chem. 46, 4457–446
[8] S. B. L. Vollrath, C. Hu, S. Bräse, K. Kirshenbaum (2013), Chem. Commun. 49, 2317–2319

Stichwörter:
Carrier-Moleküle

L&M 6 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2013.
Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download

Die Autoren:

Weitere Artikel online lesen

News

Schnell und einfach die passende Trennsäule finden

Schnell und einfach die passende Trennsäule finden
Mit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!

© Text und Bild: Altmann Analytik

ZEISS stellt neue Stereomikroskope vor

ZEISS stellt neue Stereomikroskope vor
Aufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508

ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen.

© Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH